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Tracht(en) und Mode in Herzogenaurach und Höchstadt vor 150 Jahren

Egal ob bei der Herzogenauracher Sommerkirchweih, der Erlanger Bergkirchweih, auf dem Annafest in Forchheim oder auf der Sandkerwa in Bamberg, man sieht sie immer häufiger: Junge Mädchen in feschen Dirndln und Burschen in Lederhosen und karierten Hemden. Flott sehen sie aus, aber von Brauchtumsforschern und Heimatpflegern werden sie kritisiert. „Diese Mode ist doch nichts Fränkisches, alles ist aufgepfropft von einer nach Umsatz hungrigen Mode-Industrie, ist nichts Urwüchsiges oder Gewachsenes.

Nun, an der Mode und vor allem an der Kleidung der Jugend haben sich schon immer die Gemüter entzündet. Vor 50 Jahren haben konservative Schulmeister ihren Schülern das Tragen von Jeans untersagt „Was amerikanische Cowboys zum Stall Ausmisten anziehen, tragt ihr in der Schule", so höre ich heute noch meinen ergrauten Mathelehrer schimpfen. Und dann, einige Jahre später waren Jeans und Jeansjacken sogar in der feinen Gesellschaft erlaubt und beliebt. Und noch einmal 200 Jahre früher kleidete sich die Jugend im gelben „Werther-Look" in Anlehnung an Goethes Bestseller „Die Leiden des jungen Werther".

Über die Bekleidung in Franken und dem restlichen Bayern vor rund 150 Jahren geben die Physikatsberichte Auskunft, die vom Bayernkönig Maximilian II. ab 1852 in Auftrag gegeben worden sind. Er ließ in seinen Regierungsbezirken und in den Kreisen Wesentliches zur Kleidung und zur Lebensweise seiner Untertanen aufzeichnen. Und so erfahren wir auch, was im Raum Herzogenaurach und Höchstadt Brauch war und im Alltag sowie an Festtagen getragen wurde. Wir lesen da: „Die Tracht in der Stadt und bei den Gewerbetreibenden auf dem Lande ist immer (der) in anderen Städten gleich, nur kommt die Mode um einige Jahre später. Die Kleidung der Männer im Winter Wollenstoffe für Rock, Weste und Beinkleider (Hosen) - im Sommer leichten Tuchrock mit Weste und Beinkleider von Sommerzeug."

Man ging nie ohne Kopfbedeckung aus dem Haus. Als solche dienten werktags Kappen und an Feiertagen runde Hüte. Die Füße steckten in Halbschuhen oder Bundschuhen. „Das weibliche Geschlecht trägt lange Kleider, ein bis zwei Unterröcke, einen Schürzen, eine Joppe und an Feiertagen Hauben und Hüte ....Fußbekleidung leinene (oder) wollene Strümpfe und Schuhe oder Schnürstiefelchen. Im Winter auch Tuchmäntel , im Sommer große Umschlagtücher." Weiter heißt es: „Hier ist die alte Mode ganz verschwunden....wenngleich die Zweckmäßigkeit der Tracht aber anerkannt werden muss..."

„Auf dem Lande bleibt die bleibt sich die Kleidung seit vielen Jahren gleich in der Mode - der Bemittelte (Bessere, Wohlhabendere) zeichnet sich durch Tragen von besseren Stoffen aus". Wichtig ist der Hinweis auf die Konfessionen: „Auch den confessionellen Unterschied kann man in der Tracht deutlich erkennen. Im westlichen und nördlichen Teil des Bezirks, wo Protestanten wohnen, trägt der Bauer Koller (Goller oder Koller war eine Art Kragen, der auch über den Schultern getragen wurde) und Beinkleider von blauer Leinwand (Leinen, Samtwesten mit großen und vielen Knöpfen, eine Kappe mit Pudelpelz. Im Winter und im Regen einen blauen Tuchmantel oder blauen Oberrock an Festtagen (sowie) Halbstiefel und solche bis zum Knie."

„Die Weiber (tragen) wollene oder leinene vielfältige Röcke, grüne und rothe wollene Unterröcke, Mieder, Jacke, Schürzen, Halstuch, Kopftuch (und) wollene Zwickelstrümpfe (Strumpf mit seitlichem Muster) und Schuhe."

..."Die Protestanten (tragen) kleine schwarze Hauben mit vielen herabhängenden Bänder....Die Protestanten zumeist schwarz, die Katholiken bunt." „Das weibliche Geschlecht katholischerseits" ....schützt sich gegen Regen und Kälte mit einem grün wollenen Tuch. - „Regenschirme kommen immer mehr in Mode!" ...."Zum Schutz gegen die Kälte tragen die katholischen Weibsleute im Winter Ha1ndschuhe bis zum Ellbogen...mit Pelzbesatz." .." Die sämtlichen Kleidungsstücke bestehen zumeist aus selbstgesponnenem Garn  mit Baumwolleinschusse.- Bei großer Kälte tragen die Weiber auch wollene Unterbeinkleider."

Die Kleidung der Höchstadter Männer unterscheidet sich kaum von der aus Herzogenaurach ."Die jüngeren Männer tragen keine Tracht mehr, sie ahmen städtische Moden in späteren Ausgaben nach (sprich: wenn sie nicht mehr modern sind!)" Die katholischen Bäuerinnen tragen rothe Kopftücher hinten herabhängend , meistens schwarze Busentücher mit eingewirkten farbigen Blumen, bäuerliche Röcke , schneeweiße weite Hemdärmel...und verschieden farbige Schürzchen mit seidenen Bindbändern." Die Bäuerinnen tragen weiterhin Halsketten mit gelben Glasperlen im Gegensatz zu den protestantischen Frauen im Umfeld von Höchstadt, die  zu ihrer schwarzen Kleidung an den Sonntagen Halsketten aus Silber, Neusilber oder Leonie (Metallfäden) um den Hals haben.

Und die Berichte für Höchstadt schließen mit der Bemerkung: „...Bäuerinnen behelfen sich im Winter mit ....großen wollenen Tüchern über den Kopf.....Im allgemeinen ist die hiesige Bevölkerung gut gekleidet. Der Wechsel der Moden richtet sich nach den benachbarten Städten Bamberg und Erlangen."

                            Klaus-Peter Gäbelein

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