Der Türmersturm
Einer unserer Stadttürme
Bayerischer Heimatpreis 2018
geht an den Heimatverein 23.07.2018
Der alte Schloßgraben
Unser Central Park von Herzogenaurach
Der neue Stadtschreiber ist da!
Erhältich bei Bücher & mehr und Ellwanger
Der Wiwaweiher
Der See mitten in unserer Stadt :)
Die Altstadt
Das Herz unserer Stadt

Jahreswechsel von 80 Jahren

Bei  einem großen Supermarkt im Norden der Stadt waren am Samstag vor Weihnachten um halb acht Uhr in der Früh bereits alle Einkaufswagen von Kunden in Beschlag genommen. Das Geschäft boomte, der Umsatz stimmte  und das  überall beim Einzelhandel. Ganz anders war das zum Jahresende 1932 auf 1933.

In Herzogenaurach -  wie im gesamten Deutschen Reich waren - die Arbeitslosenzahlen in schwindelnde Höhen geklettert. Die hohe Zahl der Arbeitssuchenden und Unterstützungsempfänger konnte in den Räumen des Arbeitsamtes nicht mehr betreut werden. Um lange Wartezeiten bei Wind und Wetter zu vermeiden, musste man zur Bearbeitung der Anträge und zur Betreuung in die Vereinshaussäle ausweichen.

 Die Arbeitslosen gliederten sich je nach Dauer der Beschäftigungslosigkeit in drei Bedürftigkeitsstufen: die Arbeitslosenunterstützungsempfänger, die Krisenunterstützungsempfänger und die Erwerbslosen ohne Unterstützung. Verständlich wird die Einteilung, wenn man weiß, dass sich nach dem verlorenen Krieg von 1914/18 und den schweren Wirtschaftskrisen von 1922/23 sowie nach dem New Yorker Börsenkrach von 1929 die Zahl der Erwerbslosen in Herzogenaurach teilweise bei 70% lag.

Hier einige Beispiele für die Not in der Stadt, die gerade einmal 3 600 Einwohner zählte: Die größte Fabrik am Ort, die „Fränkische Schuhfabrik Berneis-Wessel mit über 500 Beschäftigten musste in den 20-er Jahren schließen und das gleiche Schicksal traf die Schuhfabrikanten Thomas Schürr, Heinrich Schürr und Gebrüder Hetzler mit zusammen rund 250Schuhfacharbeitern. Rund 15 weitere kleinere Unternehmen in der Schuhbranche traf dasselbe Schicksal.

Wer damals Arbeit bekommen konnte, nahm sie an. Für den Ausbau der Promenadenstraße (heute „An der Schütt") und Kanalisationsarbeiten im Hirtengraben wurden 49 Erwerbslose eingesetzt. Gelernte Facharbeiter erhielten einen Stundenlohn von 70 Pfennigen, Hilfsarbeiter wurden mit 54 Pfennigen in der Stunde abgefunden. Die allgemeine Arbeitslosenunterstützung betrug pro Woche 9,25 Reichsmark für Erwachsene und 5,65 Mark für Heranwachsende.

Zum Vergleich: Für ein Pfund Brot musste man 0,22 Mark, für ein Pfund Schweinefleisch 1,20 Mark und für ein Paar Arbeitsstiefel gar 15 Mark auf den Ladentisch gelegt werden. Dass sich Familienväter beim Bierpreis von 0,46 Mark für die Maß einen Gasthausbesuch kaum leisten konnten, liegt auf der Hand.

Für die Ärmsten wurde in den umliegenden Gemeinden eine „Naturaliensammlung" durchgeführt und das Landratsamt Höchstadt genehmigte zusätzlich im Februar 1926 eine Haussammlung für die Bedürftigen.

Mit weiteren „Notstandsprogrammen" versuchte die Stadt den Bedürftigen zu helfen. Man beschäftigte sie beim Ausbau des Weihersbach-Weihers, der bis zur Fertigstellung des Freibads in der Tuchmachergasse (1937) im Sommer als Schwimmbad diente. Ehrenbürger Cyprian Fröhlich, der Gründer des Liebfrauenhauses, überwies 300 Mark für die bedürftigen Jugendlichen und sprach bei höchsten Regierungsstellen vor, um die Not in seiner Heimatstadt lindern zu helfen (1927). Auch der spätere Bürgermeister Dr. Valentin Fröhlich sprach im Bayerischen Landtag die Not seiner Bevölkerung an und verwies darauf, dass auch deren Schuldenlast unerträglich geworden sei. Die Stadt und kirchliche Wohlfahrtsverbände organisierten außerdem 1931/32 ein lokales Hilfswerk, durch das über 200 Familien in den Genuss von kostenlosem Heizmaterial und von Grundnahrungsmitteln kamen.

Am 26. September 1932 wurde für den Stadtbereich Herzogenaurach ein freiwilliger Arbeitsdienst gegründet. Als erste Aufgabe übernahm der von Bürgermeister Dr. Fröhlich Stadtrat Hans Ludwig Maier initiierte Gruppe die Aufgabe, den Friedhof in Ordnung zu bringen und die Weihersbach Anlagen durch- bzw. wieder aufzuforsten. Im Oktober 1932 kaufte die Stadt einen Steinbruch in Unterleinleiter, in dem Herzogenauracher Arbeitslose Beschäftigung fanden. In der Stadt waren zum Jahreswechsel 1932 auf 1933 immer noch 98% der Betriebe geschlossen. In der Chronik des Heimatvereins findet sich dazu folgender Eintrag: Das Volk trägt in bewundernswerter Ruhe alle Elendslasten mit der Hoffnung, dass es einmal besser kommen muss."  

Ja, und dann kam am 30. Januar 1933 einer, der Besserung versprach und der die Hoffnungen und Erwartungen  - nicht nur der Herzogenauracher - schürte. Und die ersten Arbeitslosen der Stadt fanden schon bald Arbeit: beim Bau des Militärflugplatzes an der Straße nach Haundorf. Eine neue, die braune Zeit hatte begonnen mit einem bösen, aber für Herzogenaurach glücklicherweise unblutigen Ende am 16. April 1945.

 

                                                       Klaus-Peter Gäbelein
Design by WD