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Markt u. Märkte in Herzogenaurach: Die Rudrichs

img348Herzogenaurach. An Ostern ist Schluss! Aus, Ende, vorbei. Else und Jürgen Rudrich, die „Eierfraa und der Eiermoo“ werden zum letzten Mal am Samstag vor dem Osterfest ihre Produkte anbieten! Kein fröhliches Lachen mehr, keinen Flachs im vertrauten Gespräch, keine Hähnchen, Hühner oder Weihnachstgänse mehr am Stand vor der Sparkasse, aus, es war einmal! Die Ära Rudrich gehört der Vergangenheit an.

Der umgebaute VW-Bus bleibt in der Scheune stehen und Jürgen Rudrich und seine Ehefrau Else können sich heute noch nicht vorstellen, dass sie künftig an den Samstagen ausschlafen können, statt bei Wind und Wetter in den frühen Morgenstunden jeden Samstag ihre Kunden mit frischen Waren zu versorgen.

Das Ehepaar Rudrich leitete einst ein „Großunternehmen“. Bis zu 6 000 Angestellte standen in ihren Diensten im Ortsteil Höfen: Es waren Legehennen, die für die Rudrichs arbeiteten, damit sie -anfangs getrennt – er in Fürth, sie in Herzogenaurach, später beide gemeinsam an der Aurach die Verbaucher mit frischen Eiern versorgen konnten. Und wie bei Witwe Bolte in der Geschichte von Max und Moritz und frei nach Wilhelm Busch, legten diese „täglich ein Ei und manchmal auch deren zwei!“

Und neben der erhöhten Eiernachfrage jetzt in der Vor-Osterzeit waren es erst vor wenigen Wochen die Suppenhühner, nach denen die Nachfrage kaum gestillt werden konnte. Mit der einsetzenden Grippewelle wollten die Käufer unbedingt frische Suppenhühner, denn nach alten Rezepten soll eine selbst gekochte Hühnerbrühe besonders gut gegen Erkältungskrankheiten helfen. Und die Rudrichs konnten helfen. Im Nu konnten zahlreiche Hennen an die Verbraucher gebracht werden und die Kunden waren erleichtert.

img349Der berufliche und geschäftliche Werdegang von Jürgen Rudrich gehört zu jenen Erfolgserlebnissen, welche nur die Nachkriegszeit hervorbringen konnte: Als Flüchtlinge bzw. Heimatvertriebene aus dem Sudetenland gelangte die Familie Rudrich bei Kriegsende ins damalige Oberfranken. „In Bamberg wurden wir mit einem Bulldock abgeholt, dennn bis dahin waren wir im Viehwagon unterwegs“, so erinnert sich Jürgen Rudrich (Jahrgang 1941). „Über Puschendorf gelangten wir nach Höfen. Und hier fand die Familie Rudrich dann eine feste und endgültige neue Heimat.

Schon 1949 starteten die Großmutter und die Eltern, erblich mit dem Geflügelhandel belastet, mit 400 Legehennen ihren Geflügelhandel von

Höfen aus: Eier, Hühner und auch Enten verkaufte man anfangs auf dem Markt an der Fürther Freiheit.

Die Küken kamen vornehmlich aus Brütereien in der fränkischen Schweiz. Ein bis zwei Tage alt, wurden sie dann „hochgepäppelt“. Bis zu 6 000 Legehennen und rund 2 000 Junghennen gackerten später in den Ställen der Rudrich im Herzogenauracher Stadtsüden.

Neben dem Marktstand in der Heimatstadt von Kanzler Ludwig Erhard versorgte die Familie Rudrich zahlreiche Privathaushalte mit frischen Eiern: man ging vom INA-Ring bis zum Schubertring, war in Alt-Erlangen und in Spardorf mit der zerbrechlichen Fracht unterwegs und belieferte Gaststätten und Hotels von „Hiefen“ aus, wie der Orsteil bei den Einheimischen noch immer genannt wird. Aber nicht nur in Privatthaushalten auch in zahlreichen Hotels konnten die Gäste ihre Frühstückseier aus dem Herzogenauracher Ortsteil genießen..

Bis zu 4 000 Eier täglich wurden abgesetzt und der Betrieb in Höfen wurde damals voll automatisiert. Auf das Problem „Freilandhaltung oder Käfighaltung bei Legehennen“ angesprochen, spricht sich Jürgen Rudrich eindeutig für die Käfighaltung in entsprechend großen Käfigen aus, weil diese viel hygienischer ist, als wenn Hennen ständig im Mist scharren und picken.

Zusammen mit Ehefrau Else wurde das Geschäft ab 1975 weiter ausgebaut und es dauerte nicht lange, bis die drei Töchter Sabine, Katja und Simone ebenfalls mit am Marktstand aushalfen. Ende der 80-er Jahre versorgte Else Rudrich dann auch den Herzogenauracher Wochen-Markt mit Eiern und Geflügel. “Roland Frisch vom Ordnungsamt der Stadt war es“, so erinnert sie sich, „der mich ermunterte, meine Waren am hiesigen Marktplatz anzubieten“, so erinnert sich Else Rudrich.

img347Und so stand sie dann zunächst hinter dem Alten Rathaus, bevor sie - inzwischen mit einem alten VW-Bus - hinunter auf die Hauptstraße zog. „Und seitdem der Vadder“ wie Else den Chef nennt, „sein Geschäft in Fürth drin aufgegeben hat, ist auch er voll in Herzogenaurach mit eingestiegen“. Mit einem moderneren Bus, freilich noch immer ohne Außenheizung gegen kalte Füße und kalte Hände im Winter, so präsentierte sich die Familie Rudrich bis zuletzt und oft unterstützt von den Töchtern Katja und Simone.

Was bleibt? Mir werden die Rudrichs fehlen, nicht nur die Weihnachtsgans, die Eier, Hennen oder Nudeln, auch das freundliche Lachen, ein Scherz oder ein lockerer Spruch, das ein oder andere „Witzla“, ganz einfach das angenehm Zwischenmenschliche wird mir abgehen.

Ein Trost bleibt allen Marktbesuchern in Herzogenaurach, nämlich die Tatsache: Werner Käferlein von der Mittelmühle bei Markt Erlbach wird nach Ostern den Geflügel- und Eierverkauf nach Rudrichschem Vorbild übernehmen und die Herzogenauracher werden ihm hoffentlich dasselbe Vertrauen entgegenbringen wie seinen Vorgängern, zumal die den Kollegen anfangs noch unterstützen und „einarbeiten“ werden.

 Klaus-Peter Gäbelein

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