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Eisenbahnjubiläum 1894 - 2014

 

Vor 120 Jahren: Fertigstellung der Eisenbahnlinie Erlangen - Herzogenaurach

Herzogenaurach.-Der öffentliche Nahverkehr, der Bau einer Stadt-Umland-Bahn (StUB), vor allem die Anbindung des Landkreises an den Verkehrsverbund in der Region sind ein viel diskutiertes Thema in allen Parteien und in den politischen Gremien.

Nicht viel anders war das im 19. Jahrhundert. Gut 50 Jahre kämpfte man damals um einen Anschluss an das Eisenbahnnetz. Zur Erinnerung: Am 07. April 1894 wurde die „Localbahn, auch Vicinal- oder Sekundärbahn" (Nebenbahn) mit großem Pomp und viel Getöse eingeweiht und man erhoffte sich nun ein „Goldenes Zeitalter" an der Aurach.

Seit dem Bau der ersten Eisenbahnlinie (1835) zwischen Nürnberg und Fürth und der Verlängerung über Erlangen in Richtung Bamberghatte die Region einen erheblichen wirtschaftlichen Aufschwung genommen. Die aufstrebenden Fabriken des Industriezeitalters produzierten immer größere Mengen an Gütern. Wollte man diese auch preisgünstig verkaufen, musste man Rohstoffe in großen Mengen heranschaffen sowie für einen raschen und möglichst preiswerten Versand der Fertigwaren sorgen. Schließlich existierten in der Stadt 1885 zum Höhepunkt der Entwicklung 71 Schuhmachereien  (deren Zahl jedoch bis 1900 auf 25 sank) und gleichzeitig waren fünf Schufabriken entstanden.Es gab fünf Spinnereien mit insgesamt 69 Arbeitern, die jährlich 3 800 Zentner Wolle verabeiteten sowie im Jahr 1885 62 selbstständige Tuchmacher.

Verständlicherweise war der Ruf nach besseren Transportbedingung seit der Mitte des 19. Jahrhunderts immer lauter geworden. Bis zum Jahr 1906 gab es in Herzogenaurach kaum ein Haus, in dem nicht Tuche hergestellt worden sind; doch waren und blieben diese Tuchmacher Handwerker, denen keine Zukunft beschieden war. Anders dagegen war die Situation in der fabrikmäßigen Schuhindustrie. Die Zahl der Fabriken stieg von 1900 bis 1910 von 3 auf 5 und von rund 300 auf 459 Beschäftigte.  Wen wundert es also, dass der Ruf nach günstigeren Transportbedingungen lauter wurde und dass man statt langsamer Pferdefuhrwerke die Eisenbahn forderte.

Die Bahnlinie Erlangen - Bamberg (seit 1847/48) lag in greifbarer Nähe und ab 1865 war auch die Strecke Nürnberg - Fürth - Würzburg fertiggstellt worden. Angeblich soll die Streckenführung der Linie nach Würzburg durch den Aurachgrund vorgesehen gewesen sein, doch letztlich wurde das Ganze verworfen, so wie auch eine Streckenführung von Hauptendorf nach Süden in Richtung Veitsbronn/Siegelsdorf.

Herzogenaurachs Verantwortliche verwiesen 1863 in einer Eingabe an die Abgeordnetenkammer in München darauf hin, dass zuletzt 245 542 Zentner an Rohstoffen und Verbrauchsgütern für die Stadt notwendig gewesen waren. 1885 und 1887 haben sich dann die Städte Erlangen, Herzogenaurach sowie die Gemeinden  Bruck, Frauenaurach und Niederndorf in einer Petition an die „hohe Kammer der Abgeordneten" mit der „ehrerbietigsten Bitte" bgewandt, „....dieselbe wolle geruhen, die Herstellung einer Lokalverbindung von Erlangen nach Herzogenaurach zu genehmigen."

Man verwies auf die oben genannten Zahlen und untermauerte die Bitte damit, dass die Stadt ein großes Hinterland habe, das ebenfalls erschlossen werden sollte. . Dabei wurden Falkendorf, Burgstall, Hammerbach, und Münchaurach genannt, aber auch Weisendorf, das damals 650 Einwohner zählte. Nicht minder bekundeten Bruck (Tabakfabriken, Kunstmühlen, 1400 Einwohner) Frauenaurach (600 Einwohner und zwei große Ziegeleien) sowie Niederndorf (450 Einwohner und eine große Ziegelei) ihr Interesse an einem Bahnanschluss.

Die Verwirklichung - Der Bau der Lokalbahn

Die „Unterthänigste Bitte" vom 10. Dezember 1887, unterzeichnet von Bürgermeister Adler und Stadtschreiber Schürr, verfehlte ihre Wirkung in >München nicht, zumal sich auch der Abgeordnete Freiherr von Gagern (Neuenbürg) wohlwollend für das Ersuchen einsetzte.

Trotz allem vergingen noch vier Jahre, bevor sich der Bayerische Staatsrat Ende 1891 mit dieser Frage erneut beschäftigte. 16 Nebenstreckenprojekte wurden in jener Sitzung bewilligt, darunter auch das von der Hugenottenstadt Erlangen hinaus in die „Türkei" wie die Erlanger das Herzogenauracher Umland bezeichneten, weil es bis dahin verkehrsmäßig schlecht zu erreichen war. 

Künftige Erbauer einer StUB auf eben dieser Trasse können sich folgende Daten von 1891 schon einmal vormerken:

Bei einer Luftlinie von 9,25 km beträgt die reale Streckenlänge zwischen den beiden Orten 11,83 km, wovon 7,5 km auf das damalige Mittelfranken (Erlangen) und knapp 4,4 km auf Oberfranken entfielen. Die Länge der Neubaustrecke von der Abzweigung Bruck bis zur Bahnstation Herzogenaurach benmisst sich auf 9,12 km. 17,12 m beträgt der Höhenunterschied zwischen beiden Bahnhöfen (Erlangen 277,88 m - Herzogenaurach 295 m).Da die größten Steigungen nur 2% (zwischen Bruck und Kriegenbrunn) betrugen und und auch die schärfsten Krümmungen keinen kleineren Radius als 250 m besaßen, stellte der Bau der Strecke kaum größere Anforderungen an die Techniker. Die zu bewegenden Erdmassen berechnete man auf 32 000 Kubikmeter.

Die größten Probleme bereitete die Regnitzbrücke bei Bruck. Sie erhielt eine Hauptöffnung von 40 m Lichtweite und noch 12 Nebenöffnungen mit je 9 m Lichtweite, steinernem Untergrund und eisernem Unterbau. De Kostenvoranschlag von 1891 sah 651 600 Mark für den Bau der Gesamtstrecke vor, wobei die „Erstellung der Fahrbahn" mit 217 400 Mark den dicksten Brocken darstellt; 105 800 Mark veranschlagte man für Hochbauten, Stationseinrichtungen und Signale.

Für den laufenden Kilometer bedeutete dies ab Erlangen/Bruck einen ungefähren Kostenaufwand von 71 000 Mark. Die voraussichtlichen jährlichen Einnahmen wurden auf 34 000 Mark berechnet, die Ausgaben mit 23.800 Mark beziffert. Der errechnete Gewinn wurde jedoch erheblich übertroffen, weil die Bahn wesentlich besser angenommen wurde als vermutet worden war.

Dri Züge verkehrten damals in beiden Richtungen: der . Früh-, Nachmittags- und Abendzug.

Eine einfache Fahrt zwischen den beiden Endstationen kostete 45 Pfennige. Das war nicht gerade billig, wenn man bedenkt, dass beispielsweise der Liter Bier in Deutschland zwischen 20 und 25 Pfennige kostete oder dass ein Schwerarbeiter am Tag 3 Mark verdiente.Fazit: der kleine Mann musste rund 1 ½  Stundenn für seinen Fahrschein arbeiten.

Erst mit dem Winterfahrplan 1932 wurde die Zahl der Personenzüge auf sechs erhöht. Zwei Jahre später wurde Herzogenaurach Garnisonsstadt und auch die Zahl der Pendler hatte enorm zugenommen, so dass die Zugpaare voll ausgelastet waren. Mehrmals im Jahr behinderten die Wasser Regnitz den bahnverkehr erheblich. Vor allem im Frühjahr nach der Schneeschmelze und nach längeren Regengüssen im Sommer und Herbst wurde der Damm immer wieder unterspült und der Zugverkehr musste vorübergehend eingestellt werden.

Schließlich ersetzte man den Damm durch eine Flutbrücke. Im Frühjahr 1945 wurde die Brücke gesprengt, vier Monate später wieder notdürftig aufgebaut und 1950 vollständig instand gesetzt.

Die Fahrzeit von oder nach Erlangen betrug 33 Minuten und war damit nur wenig länger als 1984, da der Zugverkehr eingestellt wurde.

Die Einweihung der Bahnstrecke

An einem Samstag- man schrieb den 07.April 1894 - erfolgten die Jungfernfahrt mit den Einweihungsfeierlichkeiten der Herzogenauracher Lokalbahn. Alles was Beine hatte bewegte sich zum neu errichteten Bahnhof, um die Ankunft des ersten Zuges zu erleben. Die Schulkinder hatten unterrichtsfrei bekommen und die Stadt hatte ihr Festtagsgewand angelegt

Luitpold Maier, Herzogenaurachs großer Sohn im Bereich der Heimatforschung schreibt in seinen Erinnerungen: „Vom Kirchturm hat die Uhr eben 2 1/2

gemeldet, als eine weiße Dampfwolke in der Ferne sichtbar wurde, die der Station Niederndorf sich näherte. Bewegung kam in die harrende Menge und unser gestrengen Herr Lehrer Steinmetz gab zum letzten Mal die Anweisung bei der Einfahrt des Zuges unsere weiß-blauen Fähnchen zu schwingenund aus Leibeskräften „Hoch" zu rufen.Zur steten Erinnerung erhielt jedes von den Schulbuben und Mädchenein Zuckergebäck sowie eine Erinnerungsmedaille mit weiß-blauem Schleifchen. Die Vorderseite zeigt zeigt das Brustbild des Landesregentenmit der Inschrift"Luitpold, Prinzregent v. Bayern". Die Rückseite enthielt die Inschrift „Zur Eröffnung der der Lokalbahn Erlangen-Herzogenaurach, Probefahrt am 7. April 1894". 

(Bilder im Stadtarchiv bzw. im Heimatbuch von 1978 und im Postkartenbuch „Herzogenaurach in alten Ansichten") sowie bei Gäbelein

Dieser Tag war ein Feiertag für die gesamte Stadtgemeinde. Die Straße zum Bahnhof war in deutschen, bayerischen und fränkischen Farben und mit Fichten und Triumpfbögen geschmückt.

Die Presse meldete dazu: „Zum Empfang der der Vertreter der hohen Staatsregierung, welche seitens der Stadt Herzogenaurach schon in Erlangen vom Vorstande des Gemeindekollegiums Reinmann und Stadtschreiber Schürr begrüßt wurden, sowie der geehrten Festgäste, bewegte sich um 2 Uhr vom Bayerischen Hof ab ein Festzuig zum Bahnhof und nahm längs des Geleises Aufstellung. Um 2.40 Uhr verkündeten Böllerschüsse das Nahen des Zuges und kurz darauf fuhr derselbe unter brausenden Hoch- und Jubelrufen und den Klängen der Musik in die Station ein.Nachdem die Vertreter der Staatsregierung und die Festgäste die Wagen verlassen hatten, wurden sie zuerst vom Herrn k. Bezirksamtmann Winterl von Höchstadt/A. im Namen des Bezirks begrüßt und hierauf von Herrn Bürgermeister Drebinger von Herzogenaurach namens der Stadt willkommen geheißen. Vier weißgekleidete Mädchen überreichten an die hohen Herrn Bouquetts (Blumengebinde) und wurde hierbei von Frl. Brand folgender Willkommensgruß vorgetragen:

Der langersehnte Tag ist angebrochen,

Auf den sich freute Jung und Alt.

Die Freud  verkünden Euch die Menschenwogen

Und Jubel, der entgegenschallt.

Drum habet Dank Ihr hohen Herren,

Was wir uns wünschten wurd´ zur Tat;

Mögt Ihr uns ferner Eure Gunst gewähren

Zum Heil und Segen unsrer Stadt.

Bescheiden ist das Fest. Möchte Euch gefallen,

Was unsre schwache Kraft Euch bringt.

Willkommen hohe Herren in unsren Hallen,

Wo Dank aus jedem Herzen klingt.

Diese salbungsvollen Strophen stammten aus der Feder des Falkendorfer Bürgermeisters und Heimatdichters Michael Kreß.

Nach der Besichtigung der Bahnhofsgebäude durch die Ehrengäste marschierte man im Festzug und mit Musikbegleitung ins: Die Geistlichkeit und die politischen Vertreter, die Zünfte und und die Lehrer, die Schuljugend und Vereine und nicht zuletzt die zahlreich geladenen Ehrengäste. Unter ihnen die Bürgermeister von Erlangen, Dr. Klippel, und Nürnberg, Dr. von Schuh.

In der Turnhalle beim Bayerischen Hof folgte eine festliche Veranstaltung mit vielen Reden über die Erfindung und Entwicklung des Eisenbahnwesens und den Siegeszug des Dampfrosses.. Man dankte noch einmal artig für das große Entgegenkommen beim Bau der Eisenbahnlinie un dstieß einen Toast aus auf „den geliebten Kronprinzen".Und zum Schluss der festlichen Feier trug der Liederkranz das „bayerische Volkslied" vor.

Zum Abschluss wurden die Ehrengäste mit Regierungspräsident Ebermayr an der Spitze zum Bahnhof geleitet und unter stürmischen Hochrufen, verließen sie das Aurachtal. Zum Abschluss der Einweihungsfeier notiert der Chronist: „Die Bevölkerung aber ließ den ereignisreichen Tag mit einer allgemeinen Festfeier in der Turnhalle....in der gemütlichsten Weise" ausklingen.

Die Herzogenauracher hingen immer mit ganzem Herzen an „ihrer" Eisenbahn.

Kein Wunder, wenn die Jahrestage der Eröffnung fast volksfestartig begangen wurden. Der Anschluss an das Eisenbahnnetz wurde als Anschluss an die „große weite Welt" empfunden. Mensche und Menschen wurden befördert: Bauarbeiter und Facharbeiter, Schüler und Studenten, Patienten und Besucher der Erlanger Kliniken, Hausfrauen und Urlauber. 1914 und ab 1939 wurden Soldaten an die Front gebracht, -per Eisenbahn- , Verwundete und Kranke kamen in die Lazarette ins vormalige Kurhotel Monopol und ins Liebfrauenhaus und ab 1943 waren es verstärkt Ausgebomte und Flüchtlinge sowie Heimatvertriebene, die größtenteils hier eine neue Heimat suchten und fanden.

Lange Zeit gab es euphorische Überschriften zur Lokalbahn in der örtlichen Presse, wie 1969, als es hieß: „Die Lokalbahn wird sich auch weiter behaupten. 1971 sprach man sogar von einem neuen Platz für den hiesigen Bahnhof. Und 1973 stand im Lokalteil zu lesen: „Lokalbahnen lenken wirtschaftliche Entwicklung". Doch ab 1974 mischten sich kritische Töne in die Lobgesänge. „Wird der Stückgutverkehr stillgelegt", hieß es da. Und im Februar 1984 wurde es traurige Gewissheit , als die Horrormeldung eintraf „Bahnhof wird dem Straßenverkehr geopfert". Ein halbes Jahr später, am 28. September 1984 läutete das Totenglöckchen für den hiesigen Bahnverkehr.

Ein Jahr später rollten die Bagger an und das Bahngebäude, längst leerstehend und zweckentfremdet als Domizil für den „Club der Jugoslawen" wurde ebensao wie die beliebte Gaststätte „Spootz" („Restauration zur Eisenbahn") dem Erdboden gleichgemacht und wichen der neuen Straßenführung hinauf zum „Buck". Lediglich das kleine Nebengebäude, heute als „Campingbahnhof" bekannt überlebten.

Zum 100-jährigen Gedenken an die Eröffnung der Bahnlinie im Frühjahr 1994 organisierten die Stadt und der Heimatverein noch einmal ein großes Eisenbahnfest. Tausende kamen und nutzten die letzte Gelegenheit, noch einmal per Dampfzug nach Erlangen und zurück zu fahren. Das war´s!

Herzogenaurachs Eisenbahnzeitalter war Geschichte, auch wenn die Stadtverwaltung noch einige Jahre im Rahmen von „Stadt auf Reisen" zu Ausflugsfahrten per Sonderzug eingeladen hat oder das Gymnasium Tagesausflüge per Sonderzug organisierte.

Eisenbahnfreunde können am 25. Mai noch einmal mit der alten Lokomotive, der „Fuchtl" fahren. Dann veranstaltet der Heimatverein eine Studienfahrt ins unterfränkische Freilandmuseum nach Fladungen/Rhön und auf der Strecke Mellrichstadt- Fladungen zieht eben diese Fuchtl" noch immer nostalgische Personenwagen, wie sie einst in Herzogenaurach eingesetzt waren.

Klaus-Peter Gäbelein

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